Der Kontrollfreak in uns: Warum dein Gehirn süchtig nach Kontrolle ist
Hast du an dir schon mal bemerkt, dass du ein bisschen (oder ein bisschen mehr) die Kontrolle behalten willst? Du planst deinen Tag, hast ordentlich was auf’m Zettel und wenn du ehrlich bist, darf nichts Unerwartetes dazwischen kommen. Alles ist bis ins kleinste Detail durchgetaktet und du bekommst Herzklopfen, als du erfährst, dass heute deine Kollegin das Steuer übernimmt. Falls das so ist, willkommen im Club der »Kontrollfreaks«!
Hinter diesem Drang zur Kontrolle steckt oft mehr, als wir denken. Kleiner Spoiler: Dein Gehirn hat seine Finger im Spiel – und Dopamin auch.
Hast du Puls, wenn jemand anderes das Steuer übernimmt?
Prüfe mal den aktuellen Zustand deines Nervensystems.
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Warum Kontrolle so verführerisch ist
Kontrolle ist nicht einfach nur ein Charakterzug. Sie ist eine typische Reaktion auf traumatische Erlebnisse.
Beispiel:
Stell dir vor, ein sechsjähriges Kind wartet darauf, dass seine Mutter es aus dem Kindergarten abholt. Es ist Sommer, alle anderen Kinder wurden schon von ihren Eltern abgeholt, und es fühlt sich allein – trotz der Erzieherin. Die Zeit vergeht, aber seine Mutter kommt nicht. Angst steigt in ihm hoch.
Dieses Gefühl von Kontrollverlust und Verlassenheit bleibt haften. Was dieses Kind nicht weiß, ist, dass seine Mutter lediglich im Stau steckt und es einfach nicht rechtzeitig schafft. Aber in diesem Moment, fühlt es sich an, als hätte seine Mutter es vergessen. Dieses Erlebnis brennt sich tief in seinen Körper ein – oft ohne dass das den Betroffenen klar ist. Es hinterlässt quasi ein unsichtbares Trauma.
Wenn wir uns also in der Vergangenheit in unsicheren oder bedrohlichen Situationen befunden haben, in denen wir keine Kontrolle hatten, hat unser Gehirn anfangen, diesen Mangel ausgleichen zu wollen.
Das Gefühl, die Kontrolle zu haben, gibt uns Sicherheit. Und wer möchte nicht das Gefühl haben, sicher zu sein?
Wie Dopamin dein Verlangen nach Kontrolle antreibt
Doch es geht nicht nur um Sicherheit. Kontrolle löst in unserem Gehirn eine regelrechte Dopaminflut aus. Dopamin ist ein Botenstoff, der mit Glücksgefühlen und Belohnung verbunden ist. Immer wenn wir das Gefühl haben, etwas »unter Kontrolle« zu haben, schüttet unser Gehirn Dopamin aus – und das fühlt sich verdammt gut an!
Der Teufelskreis: Kontrolle und Dopamin
Hier wird’s spannend: Unser Gehirn liebt Dopamin. Es ist wie ein kleiner Dopamin-Junkie, der ständig nach dem nächsten Kick sucht. Und genau hier liegt das Problem. Wenn wir merken, dass Kontrolle uns diesen angenehmen Dopaminschub bringt, neigen wir dazu, immer mehr davon zu wollen. Das Gehirn lernt, dass Kontrolle gleich Belohnung ist. Und zack, schon stecken wir im Kreislauf: Mehr Kontrolle = mehr Dopamin = mehr Verlangen nach Kontrolle.
Dabei führt Dopamin zu einer Art Suchtverhalten, das sich nicht nur auf offensichtliche Dinge wie Alkohol oder Drogen beschränkt, sondern eben auch »unauffälligere« Gewohnheiten wie die Suche nach Kontrolle. Es wird das selbe belohnungsorientierte System im Gehirn aktiviert.
Nun fragst du dich vielleicht: »Ist das wirklich so schlimm, ein bisschen Kontrolle zu wollen?« Naja, es wird dann problematisch, wenn du dich dadurch ständig unter Druck setzt oder in Stresssituationen verharrst. Denn dein Nervensystem spielt dabei eine entscheidende Rolle. Wenn du ständig im »Kontrollmodus« bist, bedeutet das, dass dein sympathisches Nervensystem (das für die Stressreaktion verantwortlich ist) dauerhaft aktiviert ist. Es fehlt die Balance zwischen Anspannung und Entspannung, die eigentlich notwendig ist, um langfristig gesund und ausgeglichen zu bleiben.
Was kannst du tun?
Wir dürfen hier lernen, mit unserem Nervensystem zu arbeiten, statt uns ständig immer wieder von neuem dem Kontrollzwang hinzugeben. Auf diese Weise können wir den Kreislauf durchbrechen. Hier wird’s interessant: Methoden wie Achtsamkeit, Meditation oder Atemtechniken helfen dabei, das parasympathische Nervensystem zu aktivieren – den Teil, der für Entspannung und Regeneration zuständig ist. Sobald du deinem Körper erlaubst, sich öfter in den Entspannungsmodus zu begeben, verliert das Gehirn nach und nach den Drang nach ständigem Dopamin-Nachschub durch Kontrolle.
Fazit: Kontrolle ist nicht gleich Kontrolle
Es ist wichtig zu erkennen, warum wir nach Kontrolle streben und wie unser Gehirn uns oft unbewusst in diesen Kreislauf lockt. Kontrolle gibt uns kurzfristig ein gutes Gefühl – aber langfristig? Da führt es eher zu Stress, Überforderung und einem dysregulierten Nervensystem.
Deshalb ist es entscheidend, nicht nur an der Oberfläche zu kratzen, sondern tiefer zu gehen und unser Nervensystem zu regulieren. Indem wir Wege finden, unser Gehirn und unser Nervensystem wieder ins Gleichgewicht zu bringen, schaffen wir Raum für echte Gelassenheit – und vielleicht auch für ein bisschen weniger Kontrollzwang. Wir dürfen hier wider ins Vertrauen gehen.
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Teile diesen Artikel mit Freunden, Bekannten oder in sozialen Netzwerken, die vielleicht auch Unterstützung brauchen, um ihr Nervensystem zu regulieren. Gemeinsam können wir Wege finden, um den ständigen Stress zu überwinden und zu mehr innerer Ruhe und Ausgeglichenheit zu gelangen.
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